Für jeden Gartenbesitzer sind Maulwürfe eine der schlimmsten Plagen überhaupt, schließlich mag niemand diese unschönen Erdhaufen im Garten auf dem schönen gepflegten Rasen haben. Es gibt aber auch einen Maulwurf, den die Erde im Garten gar nicht interessiert, sondern eher schönes kaltes Eis. Gut, die Rede ist hier nicht von einem echten Maulwurf, sondern von einem Gerät, das eingesetzt wird, um Gletschereis zu durchdringen. Daher erhielt es nun auch seinen Namen „Icemole“, zu Deutsch „Eismaulwurf“.
Der Eismaulwurf ist eine Sonde, die gemeinsam entwickelt wurde von Wissenschaftlern und Studenten an der Fachhochschule Aachen. Ebenso wie ihr Pendant im Tierreich kann auch diese Sonde nichts sehen, aber sie ist in der Lage, sich durch das Eis hindurch zu schmelzen. So kann sie Orte erreichen, die sonst unerreichbar wären. Getestet wurde das Gerät gerade erst ausgiebig in der Antarktis. Dort hatte eine Gruppe von Wissenschaftlern aus Aachen mitsamt der Sonde teilgenommen an einem US-amerikanischen Projekt. Dabei ging es um das blutrote, salzige Wasser, das direkt am Rande des Taylor-Gletschers aus dem Eis herauskommt, auch bekannt als „Blood Falls“. Dies wird erforscht von einem US-Team unter der Leitung von Jill Mikucki, das von der University of Tennessee kommt. Das Team geht davon aus, dass es Mikroorganismen sind, die für diese rötliche Färbung verantwortlich sind. Diese Mikroorganismen sollen in den Gletscherspalten leben, und man geht davon aus, dass sie sich von Eisen- und Schwefelverbindungen ernähren.
Das Team aus Aachen war in der Lage, die Leiterin des US-Forschungsteam nachhaltig zu beeindrucken mit seinem Eismaulwurf. Unter den erschwerten Testbedingungen in der Antarktis konnte die Sonde ausgiebig getestet werden. Sie war in der Lage, mit ihrer einzigartigen Schmelztechnik rund einen Meter in der Stunde hinter sich zu bringen. Dies war aber nicht der letzte Einsatz des Eismaulwurfs in der Antarktis. Im November diesen Jahres wird sie erneut zu den sogenannten Blood Falls zurückkehren, um die weiteren Forschungen zu unterstützen. Man plant, dann zum ersten Mal reine Salzlake dort aufzunehmen, eventuell können auch die Mikroorganismen selbst aufgespürt werden. Der große Vorteil des Eismaulwurfs ist es, dass die Sonde auch Proben aufnehmen kann zur späteren Analyse im Labor. Geplant ist dann, dass das Gerät in einer Tiefe von rund fünfzig Metern operieren soll.
Das Prinzip der Sonde zum Schmelzen von Gletschereis ist an sich nichts Neues, denn schon seit den 60er Jahren werden solche Sonden eingesetzt. Diese neu entwickelte Sonde allerdings ist schon etwas Besonderes, da die Studenten aus Aachen vor fünf Jahren einen vollkommen neuen Ansatz wählten für die Konstruktion des Eismaulwurfs. Im Gegensatz zu ähnlichen Sonden erhält diese eine hohle Eisschraube, die in den aufheizbaren Kupferkopf des Gerätes eingebaut wurde. Mit Hilfe von dieser Eisschraube ist es dem Gerät möglich, sich ganz dicht an das Eis heranzuziehen. Somit wird die Wärmeabgabe des Kopfes absolut optimiert. Noch einen weiteren Vorteil bietet diese Eisschraube, dadurch ist die Sonde auch in der Lage, sich direkt aufwärts zu bewegen.
Seit dem Jahr 2010 befinden sich die unterschiedlichen Versionen des Eismaulwurfs in der Testphase. Die erste Version wurde ausprobiert auf dem Morteratschgletscher in Graubünden im Jahr 2010. Auf Island musste der Hofsjökull für die Erprobung der zweiten Version hinhalten, und die dritte und neueste Version hielt den erschwerten Anforderungen in der Antarktis stand.
Noch viel spannender wird es sicherlich, wenn man beginnen sollte, auch die Seen, die sich unterhalb der Antarktis befinden, zu erforschen, denn auch dazu ist der Eismaulwurf bestens geeignet. Richtig interessant wird es dann aber, wenn die nächste Version dieser Sonde nicht nur irdische Ziele untersucht, sondern sich auf den Weg ins All machen kann. Dies ist durchaus möglich, denn die Wissenschaftler arbeiten gerade an einer Version, die speziell konzipiert wird für das Verbundprojekt „Enceladus Explorer“. Insgesamt sechs Hochschulen arbeiten zusammen an diesem Projekt. Entwickelt werden sollten Techniken für die Navigation einer speziellen Sonde, die in vielen Jahren einmal eingesetzt werden soll, um die Eiskappe vom Saturnmond Enceladus zu durchdringen. Dies liegt allerdings noch in weiter Ferne, man geht davon aus, dass das Projekt im Jahr 2050 gestartet werden könnte.
Am Eispanzer des Mondes Enceladus wurden Spalten festgestellt. An diesen Stellen wird unterkühltes Wasser durch Geysire hinein ins All gespuckt. Dies deutet darauf hin, dass es dort einen sogenannten subglazialen Ozean gibt. Dieser muss unter einem starken Druck stehen. Hier könnte die Sonde der Aachener Forscher zum Einsatz kommen und den Forscher Aufschluss geben über primitive Lebewesen, die dort vermutet werden.
Das Modell von dieser Enceladus-Sonde, an dem die Forscher aktuell arbeiten, ist ganze zwei Meter lang. Im Kopf der Sonde sind sechzehn Heizelemente untergebracht, die separat erwärmt werden können. Für eine asymmetrische Schmelzung ist es möglich, die Sonde nur einseitig zu beheizen. Dies ermöglicht der Sonde, ganz von selbst wieder zurückzukehren an die Eisoberfläche. Mit Hilfe von unterschiedlichen Messgeräten und Tonsignalen ist es der Sonde sogar möglich, sich auch unter dem Eis zu orientieren.
Das Jahr 2050 ist noch weit entfernt, dennoch ist es gut möglich, dass eine Sonde der Aachener Wissenschaftler schon recht bald ins All starten wird. Schon in zehn bis fünfzehn Jahren könnte eine kleinere Version der Sonde, die „Marsmole“, dabei helfen, die Mars-Polkappen zu untersuchen. Bis dahin werden natürlich weitere Versuche mit dem Eismaulwurf durchgeführt, aber eben an irdischen Plätzen.